2 Einflussgrößen
auf das Haftverhalten
Das Haftverhalten zwischen Bindemittel und Mineralstoff wird
durch unterschiedliche Einflussgrößen beider Stoffe
beeinflusst. Das Anhaften zweier Stoffe aneinander wird als Adhäsion
beschrieben. Diese chemische und physikalische Verbindung entsteht
aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den beiden Haftpartnern.
2.1 Bitumen
2.2 Mineralstoffe
2.1
Bitumen
2.1.1 Viskosität
Die Viskosität des Bitumens ist temperaturabhängig und
wird durch den Härtegrad der Bitumensorte
beeinflusst. Mit zunehmender Temperatur steigt die Beweglichkeit
der Moleküle innerhalb des Bitumens an. Dabei nehmen die
zwischenmolekularen Anziehungskräfte ab, wodurch die
Oberflächenspannung sich verringert und die
Benetzungsfähigkeit zunimmt.
Bitumen mit hoher Viskosität zeigen eine größere
Widerstandsfähigkeit gegenüber der Verdrängung am
Gestein bei Wasserlagerung. [18]
2.1.2 Chemische Zusammensetzung
Im Bitumen besteht eine kolloidale Struktur, die in eine zerstreute
(disperse) Phase (Asphaltene) und eine zusammenhängende
(kohärente), dispergierende Phase (Maltene) eingeteilt
wird:
· Die Asphaltene (feste Phase) sind mit
Erdölharzen umgeben und bilden im Kolloidsystem sie sogenannten
Mizellen.
· Die Maltene (ölige Phase)
setzen sich aus den Erdölharzen und Ölen zusammen.
Abb.1: Schema der
Bitumen-Struktur [5]
Bei zunehmender Temperatur vergrößern die
Maltene ihr Volumen, wobei sich das Volumen der Asphaltene
verringert. Die Asphaltene sind durch die Maltene getrennt und haben
keinen Verbund mehr. Es entsteht Solbitumen.
Solbitumen
Bei niedriger Temperatur entsteht ein Verbund zwischen
den Asphaltenen. Dabei wird die Maltenphase eingeschlossen.
Dieser Zustand wird als Gelbitumen bezeichnet.
Gelbitumen
Die chemische Zusammensetzung des Bitumens wird durch die Provenienz
beeinflusst. Bitumen besteht im Wesentlichen aus
Kohlenwasserstoffen, Schwefel, Stickstoff und Sauerstoff.
Zusätzlich sind geringe Mengen anderer Elemente, wie z.B. Nickel,
Natrium, Eisen und Vanadium vorhanden.
Die prozentualen Anteile sind nach BREUER 1985:
Kohlenstoff
|
80 – 85 %
|
Wasserstoff
|
7 – 10 %
|
Sauerstoff
|
2 – 9 %
|
Stickstoff
|
0,1 – 1 %
|
Schwefel
|
0,5 – 7 %
|
Sonstiges
|
0,1 %
|
Tab.1: Chemische
Zusammensetzung des Bitumens [9]
Die Atome der Kohlenwasserstoffverbindungen können sich kettenförmig,
verzweigt oder ringförmig ausbilden.
Grundsätzlich unterscheidet man die Kohlenwasserstoffe in:
· Kettenkohlenwasserstoffe (aliphatische
Kohlenwasserstoffe), geradkettige und verzweigtkettige
Kohlenwasserstoffe
· Ringkohlenwasserstoffe (aromatische
Kohlenwasserstoffe)
Wenn die Kohlenstoffatome einfach verbunden sind, nennt man sie
gesättigte Kohlenwasserstoffe. Bei den ungesättigten
Kohlenwasserstoffen sind die Kohlenstoffatome doppelt oder dreifach
gebunden.
Erdöl besitzt eine Vielzahl verschiedenartiger Verbindungen, die
im Wesentlichen aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen. Je nach Art
der Bindung der Kohlenwasserstoffe unterscheidet man bei der
Erdölverarbeitung vier Hauptgruppen: Paraffine, Olefine, Naphthene
und Aromate.
Tab.2: Einteilung
der Kohlenwasserstoffe
Paraffine (Alkane)
Paraffine sind gesättigte Kohlenwasserstoffe. Bei ihnen sind die
C-Atome entweder in einer geraden Kette (Normal-Paraffine) oder in
einer Kette mit Verzweigungen (Iso-Paraffine) miteinander verbunden.
Die Olefine
Olefine (chemische Nomenklatur: Alkene) sind im Erdöl von Natur
aus nicht vorhanden. Sie entstehen, teilweise gewollt, bei
weiterverarbeitenden Prozessen wie den Crack-Verfahren. Der einfachste
ungesättigte Kohlenwasserstoff ist das gasförmige Ethen. Die
nächst höheren Olefine heißen Propen, Penten usw..
Die Naphthene
Die Naphthene (auch Cycloalkane genannt) sind, obwohl gesättigt,
weitaus reaktionsfähiger als die Paraffine. Am häufigsten
sind Ringe mit fünf, sechs oder sieben Kohlenstoffatomen. Es gibt
auch Naphthene mit zwei oder mehreren Ringen und solche, bei denen am
Ring eine oder mehrere Seitenketten hängen. Naphthenische
Kohlenwasserstoffe zeichnen sich durch Kältebeständigkeit aus.
Aromate
Das Grundgerüst der Aromaten ist ein besonders stabiler Ring
(Benzolring) aus sechs Kohlenstoffatomen, der abwechselnd drei
C-C-Doppel- und drei C-C-Einfach- Bindungen enthält (Benzolring).
Mit dem aromatischen Ring können weitere Ringsysteme oder auch
Seitenketten
verbunden sein.
2.1.3 Rohölprovenienz
Die chemische Zusammensetzung und die damit verbundenen
Eigenschaften des Bitumens ist von der Erdölprovenienz
abhängig. Bei Rohölen unterscheidet man in
Abhängigkeit ihrer Provenienz paraffinbasische und naphtenbasische
Grundöle.
Im Verhalten dazwischen liegende Öle werden als gemischtbasische
oder paraffin-naphtenbasische Öle bezeichnet.
Während bei naphtenbasischen Ölen Naphthene und
Aromaten überwiegen, enthalten paraffinbasische Öle
wesentlich
mehr Paraffin-Kohlenwasserstoffe und zeigen eine geringere Dichte.
Aus der Literatur ist zu entnehmen, dass aromaten- und paraffinhaltige
Bitumen unterschiedlichen Einfluss auf die Adhäsionvermögen
haben:
· Das Adhäsionsvermögen steigt mit
der Aromatizität des Bitumens an. [21]
· Paraffine in höheren Konzentrationen
bedeutet eine Verschlechterung der Adhäsion und Benetzung der
Mineralstoffe
Der genormte Höchstwert
im Bitumen beträgt: 2,0 Gew.- %. [16], [9]
Erdölart
|
Provenienz
|
Paraffinbasisches
Erdöl
|
Saudi Arabien, VAE, Iran, USA,
Russland, Nordsee
|
Paraffin - naphtenbasisches
Erdöl
|
Mittlerer Osten, Iran,
Mexiko, Indonesien
|
Naphthenbasisches
Erdöl
|
Venezuela, Mexiko, Indonesien
|
Tab.3:
Klassifizierung der Erdöle nach ihrer Provenienz [17]
In einer Forschungsarbeit von BUTZ, RAHIMIAN und HILDEBRAND wurden vier
Grundbitumen unterschiedlicher Provenienz auf ihren Asphalten-, Harz-,
Aromaten- und Paraffingehalt untersucht. Die Bestimmung des Asphalten-
und Harzgehaltes wurde nach NEUMANN mit einer kolloidchemischen Analyse
durchgeführt. [1]
Tab.4: Asphalten-,
Erölharz, und Dispersionsmittelgehalt von Grundbitumen [1]
Die Paraffingehalte der vier Grundbitumen wurden nach DIN
52015 ermittelt. Das paraffinbasische Bitumen aus Russland
überschreitet den zulässigen Höchstwert mit 2,8 % (>
2,0 Gew.: %).
Bitumen - Provenienz
|
Paraffingehalt [Gew.: %]
|
Russland
|
2,8
|
Mittelost
|
1,8
|
Venezuela
|
0,1
|
China
|
1,7
|
Tab.5: Paraffingehalt
nach DIN 52015 von Grundbitumen [1]
Des weiteren wurden die Anteile an Aromaten, gesättigten
Kohlenwasserstoffen, sowie polare Anteile mittels einer automatischen
Dünnschichtchromatographie analysiert.
Tab.6:
Strukturtypenanalyse der Grundbitumen [1]
2.1.4 Polarität
Bitumina enthalten polare Komponenten, die durch
unterschiedliche Bestandteile im Bitumen beeinflusst werden. Mit der
Dielektrizitätskonstante e (e = 2,6 – 3,0; T = 5°C – 80°C)
kann die Polarität von Stoffen charakterisiert werden. Sie gibt
an, um welchen Faktor die Anziehungskraft zweier elektrisch geladener
Platten abnimmt, wenn anstelle von Vakuum der betreffende Stoff
zwischen die Platten eingesetzt wird. Die Polarität des Bitumens
ist um so größer, je höher die
Dielektrizitätskonstante
ist.
Aromate besitzen im Bitumen große und Paraffine kleine
Dielektrizitätskonstanten. Somit nimmt die Polarität
mit steigender Aromazität zu.
Die Polarität der Kohlenstoffverbindungen erhöht sich durch
Bildung von Heteroatomen, auch Heteroaromaten genannt. Bei dieser Art
der Ringkohlenwasserstoffe wird mindestens ein Kohlenstoffatom durch
ein anderes Element, wie z.B. Sauerstoff, Schwefel, Stickstoff oder
verschiedener Metalle, ersetzt. Die Heteroverbindungen lagern sich an
den Grenzflächen des Bitumens an und vergrößern das
Adhäsionsvermögen.
Nach NEUMANN sind die polaren Heteroverbindungen ionenaktiv. Die
anionenaktiven Substanzen sind saure Sauerstoff- und
Schwefelverbindungen, die in den Asphaltenen stark angereichert sind.
Diese sind besonders gegen Wasser, höherer pH-Werte und basischen
Mineralstoffen grenzflächenaktiv. Daraus resultiert eine nur
begrenzte Benetzung der Asphaltene an sauren Gesteinen.
Die kationenaktiven Verbindungen der Bitumen bestehen aus
basischen Stickstoffverbindungen und befinden sich in den Erdöl
– Harzen. Gegenüber sauren pH-Werten und sauren Mineralstoffen
sind die basischen Verbindungen stark grenzflächenaktiv. Daraus
resultiert eine Abnahme der Grenzflächenspannung, so dass eine
Benetzung von sauren Mineralstoffen möglich wird. Nach NEUMANN
besitzt daher das Mittelost-Bitumen, das einen hohen Gehalt an
Erdöl-Harzen aufweist, eine gute Haftung gegenüber
silikatischen Mineralstoffen.
[16], [17]
Aktivität
|
Phase
|
Verbindungsart
|
anionenaktiv
|
Asphaltene
|
saure Sauerstoff- und
Schwefelverbindungen
|
kationenaktiv
|
Erdölharze
|
basische Stickstoffverbindungen
|
Tab.7: Ionenaktive
Stoffe im Bitumen [16]
Über die polaren Anteile der Bitumen gibt es unterschiedliche
Angaben. In einer Analyse nach BUTZ, RAHIMIAN, HILDEBRANDT wurden
Grundbitumen unterschiedlicher Provenienz nach ihren polaren Anteilen
untersucht. Wie in Kapitel 2.1.3 bereits aufgeführt, wurden in
einer Strukturtypenanalyse mittels automatischer
Dünnschichtchromatographie und quantitativer FID-Auswertung vier
Grundbitumen betrachtet. Es ergaben sich zwei
polare Fraktionen. Die erste Fraktion (Polare 1) wurde mit
Dichlormethan
/ Methanol entwickelt. Die zweite Fraktion (Polare 2) bildete die am
Startpunkt verbliebene unlösliche Fraktion. [1]
Bitumen / Provenienz
|
Polare 1 [%]
|
Polare 2 [%]
|
Russland
|
27,0
|
15,7
|
Mittelost
|
25,4
|
11,8
|
Venezuela
|
19,0
|
14,7
|
China
|
20,0
|
13,2
|
Tab.8: Polare
Anteile der Grundbitumen unterschiedlicher Provenienz [1]
2.1.5 Alterungsbeständigkeit
Die Alterung des Bitumens lässt sich in drei Formen, die
miteinander kommunizieren, einteilen:
· Verdunstungsalterung (destillative Alterung)
· Oxidative Alterung
· Strukturalterung
Die Verdunstungsalterung beruht auf physikalischen
Vorgängen. Es werden leichtflüchtige Ölanteile
durch thermisch-destillative Vorgänge abgedampft. Es kommt zu
einer Konzentrationserhöhung der Asphaltene. Mit zunehmender
Bitumenhärte
nimmt dabei die Neigung zu diesem Vorgang ab.
Die oxidative Alterung ist eine chemische Alterung.
Der wesentliche Auslöser dieser Alterungsform ist der
Luftsauerstoff. Die Oxidation greift die C-H – Bindungen an und
führt zu einer höheren Konzentration der Asphaltene.
Werden die Asphaltene und die Erdöl - Harze vergrößert,
kommt es zu einer Strukturalterung.
Das gealterte Bitumen führt zu einer Verschlechterung des
Gebrauchsverhaltens des Asphaltbelages.
Die chemische Veränderung des Stoffes hat die Verhärtung des
Bindemittels und den Abbau der Klebefähigkeit zur Folge. Dies
wirkt sich negativ auf das Haftverhalten aus. Positive Auswirkungen
zeigt die erhöhte Viskosität des Bitumens, wodurch der
Haftverbund verstärkt wird.
2.2
Mineralstoffe
2.2.1 Mineralogische Zusammensetzung
Die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine spielt bei
Hafterscheinungen eine wichtige Rolle. Gesteine besitzen unausgeglichene
Oberflächenladungen, die für Gesteinsarten
unterschiedliche Oberflächenenergien ausbilden.
Wird ein Mineralstoff gespalten, so gehen den Atomen der neuen
Oberfläche Bindungspartner verloren. Die frei gewordenen
Bindungskräfte ziehen daraufhin Bestandteile der Umgebung, wie
z.B. Wasser, an. Andererseits richten sich die neuen
Bindungskräfte nach innen, wodurch eine Störung des
Kristallgitters entsteht.
Kommt das Gestein mit einer Flüssigkeit
entgegengesetzter Polarität in Kontakt, deckt das Gestein
seinen Energiebedarf. Es entsteht eine Haftverbindung
zwischen Flüssigkeit und Gestein. Folgend haftet die
Flüssigkeit besser, die den benötigten Energiebedarf des
Gesteins besser abdecken kann.
Mineralstoffe werden in hydrophobe (wasserabstoßende) und
hydrophile (wasseranziehende) Gesteinsarten unterschieden.
Bei hydrophoben Mineralstoffen wird das Bitumen, bei Anwesenheit von
Wasser, auf der Oberfläche schlechter verdrängt.
Untersuchungen mit verschiedenen Gesteinen zeigen ein differentes
Haftverhalten. Bei Mineralstoffen mit einem erhöhten Anteil an
Quarz kann es zu einer mangelhaften Verbindung
zwischen Korn und Bitumen kommen. [4], [18]
Saure Mineralstoffe bestehen hauptsächlich aus Quarz, d. h.
Siliciumdioxid – SiO, und sind durch „haftkritische“ Eigenschaften
charakterisiert. Basische Mineralstoffe bestehen dagegen
hauptsächlich aus Calcit, d.h. Calciumcarbonat – CaCO und werden
durch haftunkritische Eigenschaften charakterisiert, wie z.B.:
· Schlechtes Haftverhalten:
Quarz, Quarzit, Hornblende, Biotit, Orthoklas
· Gutes Haftverhalten:
Basalt, Augit, Olivin
Tab.9: Gliederung
magmatischer Gesteine anhand ihres Chemismus [25]
2.2.2 Oberflächenrauhigkeit
Die Rauhigkeit der Gesteinsoberfläche beeinflusst das Benetzungsverhalten
und das Adhäsionsvermögen des
Bitumens. Eine große Oberflächenrauhigkeit des Gesteins hat
aufgrund der vergrößerten Kontaktoberfläche einen
positiven Einfluss auf die Adhäsion. Es hat eine niedrigere
Zugspannung an der Grenzfläche zur Auswirkung.
Die Benetzung kann dagegen durch vorhandene Poren bzw. feine
Oberflächenrisse, die eingeschlossene Luft oder Feuchtigkeit
enthalten, gestört werden. [18]
2.2.3 Porosität
Die Porosität des Gesteins kann sich positiv auf den
Haftverbund Bitumen - Gestein auswirken. Bei Anwesenheit von
Poren, Rissen und Kapillaren kann das Bitumen in das Gestein eindringen
und somit eine physikalische Verzahnung bewirken. Entscheidend
beeinflusst wird dieser Vorgang durch die Temperatur bei der
Herstellung der Verbindung. Hat das Gestein und das Bindemittel bei der
Fertigung eine hohe Temperatur, wird das Volumen der in den Poren
eingeschlossenen Luft bei der Abkühlung verringert. Infolgedessen
wird das Bitumen in die Poren eingesaugt und es entsteht eine gute
Haftverbindung.
Wird dagegen bei der Herstellung nicht ausreichend erwärmtes
Bitumen eingesetzt, führt dies zu einer Ausdehnung des
Luftvolumens in den Poren und zur Bindemittelablösung am Gestein.
[18]
2.2.4 Oberflächenüberzug
Mit dem Oberflächenüberzug am Gestein ist eine Verstaubung
oder Benetzung mit Wasser der Oberfläche
gemeint. Dies hat eine Verminderung des Spreitens (Ausbreitung)
und der Benetzungsfähigkeit zur Folge. Ist die Benetzung bzw. die
Umhüllung des Gesteins gestört, kann es an der
Grenzfläche durch Unterwanderung zur Ablösung des Bitumens
kommen.
Die Trockenheit der Gesteinsoberfläche spielt
dabei eine wichtige Rolle.
Die Adsorption von Wasser wird im Wesentlichen durch die
Oberflächenenergie der Mineralstoffe hervorgerufen. Frisch
gebrochene Steine adsorbieren an der Luft umgehend Wassermoleküle,
die einen Wasserfilm bilden. Damit tritt eine Absättigung der
freien Valenzen auf der Oberfläche ein. Erst bei hohen
Temperaturen kann das Wasser auf der Oberfläche verdunsten. [7],
[18], [22]
2.2.5 Polarität
Ein polares Verhalten der Gesteine wird auf das Dipolmoment zurückgeführt.
Die Polarität ist proportional zum Dipolmoment, das wiederum von
der Elektronegativitätsdifferenz zweier in Wechselwirkung
stehender Elemente abhängig ist.
Eine polare Atombindung entsteht dadurch, dass einer der beiden
Bindungspartner mehr Anziehungskraft auf das gemeinsame Elektronenpaar
ausüben kann als der andere. Dadurch kommt es zu einer
Ladungsverschiebung oder Ungleichverteilung des gemeinsamen
Elektronenpaares: es entsteht ein Dipol.
Abb.3: Modell: Polare und unpolare
Bindungen [6]
Hervorgerufen wird dieser Effekt durch bestimmte Eigenschaften eines
Bindungspartners, die in dem Begriff der Elektronegativität
zusammengefasst werden. Die Elektronegativität gibt an,
wie stark ein Partner einer Molekülbindung das gemeinsame
Elektronenpaar zu sich verschieben kann. Das Ausmaß der Ladungsverschiebung
wird dann durch die Elektronegativitätsdifferenz deutlich. [6]
Besonders silikathaltige Gesteine zeigen ein hohes
Dipolmoment und werden daher von polaren Flüssigkeiten, wie Wasser,
gut benetzt. Im Gegensatz dazu stehen Mineralstoffe aus Calciumkarbonat,
denen ein geringes Dipolmoment zugeschrieben wird.
Der Haftpartner Bitumen besitzt ebenfalls polare Verbindungen. Kommt es
zur Annäherung zweier Atome entgegengesetzter Polarität, sind
diese Atome bestrebt ihren Energiebedarf zu decken. Sie bilden eine
Haftverbindung, die durch die elektrostatischen Wechselwirkungen
zwischen den Molekülen entsteht.
Polare Stoffe zeigen damit eine höhere
Adhäsion als unpolare Stoffe auf. Die Polarität bestimmt
zusätzlich die Oberflächenspannungsenergie. Es konnte
festgestellt werden, dass frisch gebrochene Mineralstoffe im
Vergleich zu Mineralstoffen längerer Lagerzeit, eine höhere
Oberflächenenergie besitzen. Nach dem Brechen tritt ein
Prozess der Reorganisation der polaren Anteile auf der
Oberfläche ein. Durch zusätzliche Adsorption von
Bestandteilen aus der Luft (Wasser, Staub) verringert sich die
Oberflächenenergie, bis sich nach einigen Monaten ein
annähernd stabiler Zustand einstellt. [7], [22]
|